Unter dem Begriff „Tendopathie“ versteht man verschiedene Schmerzen, die auf das Sehnengewebe zurückzuführen sind. Es handelt sich dabei um häufig vorkommende Probleme, deren Behandlung oft für Unklarheit sorgt. In diesem Artikel versuchen wir einen Überblick über Sehnenverletzungen und den Behandlungsmethoden zu verschaffen.
Sehnen und ihre Funktion
Eine Sehne ist ein Gewebe, welches vorwiegend aus Kollagen und extrazellulärer Matrix besteht. Die Kollagenfasern sind ordentlich strukturiert und folgen der Kraftlinie, auf die sich die Sehne bezieht. Dies ist daher sehr relevant, da die Sehne die Kraft, die aus der Muskelanspannung entsteht, auf die Knochen überträgt. Durch diesen Ablauf entsteht eine Bewegung.
Bei explosiven Bewegungen, wie z.B. einem Sprint, ist die Sehne dafür verantwortlich, die entstandene Energie (Reibung zwischen Körper und Außenwelt) einzulagern und sofort wieder loszulassen. Dadurch wird die Muskelarbeit maximiert und der Stoffwechsel so effizient wie möglich gehalten.
Laut wissenschaftlichen Studien müssen Sehnen belastet werden, um gesund und funktionsfähig zu bleiben. In Abwesenheit letzterer kommt es des Öfteren zu Sehnen- und Muskelbeschwerden.
Die Tendopathie
Zu Schmerzen kann es jedoch auch bei einer Überbelastung der Sehne kommen. Das gilt sowohl bei einer akuten (übertriebene Belastung in einer kurzen Zeit) als auch bei einer chronischen (über einen längeren Zeitraum) Überbelastung. In jenen Fällen wird der Sehne nämlich keine Zeit gegeben, sich auf die erhöhte Belastung einzustellen.
Die Kollagenfasern verlieren ihre Einheit, was dazu führt, dass die Sehne die entstandene Energie nicht mehr richtig abspeichern und freigeben kann. Als natürliche Folge schwächt sich die Leistung des Patienten. Noch heute wird darüber diskutiert, ob der Begriff „Tendinitis“ auch ohne einer wahren Entzündung verwendet werden kann. In der wissenschaftlichen Literatur spricht man bei einer Tendopathie von drei Stufen, die sich gegebenenfalls überlappen.
- Reaktive Tendopathie: Kann als sogenannte Anfangsphase bezeichnet werden. Das Gewebe ist zwar noch nicht beschädigt, zeigt aber schon erste Ansätze einer Schwellung.
- „Tendon disrepair“: Die dauerhafte Belastung hat dazu geführt, dass die Struktur der Kollagenfasern beschädigt wurde. Die Tenozyten schaffen es nicht, die gewohnte Anordnung wiederherzustellen und qualitatives Kollagen und extrazelluläre Matrix zu produzieren.
- Degenerative Tendopathie: Ist in den meisten Fällen die Folge einer andauernden Phase 2. In Teilen des Gewebes fehlt es mittlerweile vollständig an Zellen.
Es ist wichtig zu unterstreichen, dass der Patient bzw. die Patientin in den verschiedenen Phasen nicht zwanghaft Schmerzen spüren muss. Da es sich um einen sehr komplexen Prozess handelt, kann man nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, welcher Mechanismus den Schmerz auslöst. Letzter ist jedoch der Hauptgrund, weshalb ein Patient einen Physiotherapeuten aufsucht.
In vielen Fällen von Tendopathie ist nicht die gesamte Sehne, sondern nur ein Teil davon betroffen. Verschiedene Bewegungen können somit nach wie vor schmerzfrei getätigt werden.
Wie kann man verstehen, ob man an einer Tendopathie leidet?
Es wird empfohlen, sich zuerst an einen Physiotherapeuten zu wenden. Sollte kein Verdacht auf eine schwerere Verletzung (z.B. Sehnenriss) bestehen, ist es nicht sinnvoll, sich direkt einer maschinellen Untersuchung – Magnetresonanz oder Echographie – zu unterziehen.
Für die Bewertung der Verletzung ist nicht nur der genaue Ort des Schmerzes, sondern auch die Reaktion auf erhöhte Belastung von großer Bedeutung. Natürlich wird nicht jede Sehne von der gleichen Bewegung belastet. So ist es z.B. für die Patellasehne eine Squat- und für die Achillessehne eine Laufbewegung. Jede Sehne übt nämlich eine verschiede und spezifische Aufgabe im menschlichen Körper aus.
Bereits die Abtastung einer Sehne kann viel über den Zustand verraten. Verspürt der Patient dabei keinen Schmerz, ist dessen Auslöser womöglich in einem anderen Körperteil zu finden.
Wie kann ich meine Tendopathie behandeln?
Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass man – außer in Fällen von extremen Schmerzen – die Sehne nicht von jeglicher Belastung befreien soll. Ganz im Gegenteil, eine stufenartige Belastung der Sehne ist der effizienteste Weg zur Genesung.
In der Anfangsphase zählen langsame Bewegungen mit schweren Gewichten zur Tagesordnung. Dies hilft die Muskelkraft wiederaufzubauen und stimuliert die Tenozyten Kollagen und extrazelluläre Matrix zu produzieren.
Daraufhin sollen Übungen ausgeführt werden, in denen die aus den Bewegungen entstandene Energie eingekapselt und wiederlosgelassen wird (z.B. Abschwünge.)
Bei der Belastung der Sehne ist immer höchste Vorsicht geboten. Diese reagiert nämlich mit 24 Stunden Verspätung auf die Belastung und braucht ungefähr zwei Tage um den Reformationszyklus abzuschließen.
Während der Rehabilitation ist es der Schmerz, der dem Physiotherapeuten Auskunft darüber gibt, ob die Sehne richtig belastet oder überbelastet wird.
Im Falle einer Sehnenverletzung wird viel Wert auf die kinematische Kette gelegt (Gesamtheit an Muskeln und Sehnen, die wir für die Ausführung komplexer Bewegungen benötigen). Man versucht nämlich die Kraft auf die verschiedenen, untereinander koordinierten, Strukturen zu verteilen.
Weiters spielt auch das Verständnis zwischen dem Patienten und dem Physiotherapeuten eine große Rolle. Die Beteiligten müssen sich kontinuierlich austauschen und gegenseitig vertrauen.
Obwohl es noch keine eindeutigen wissenschaftlichen Bezeugungen gibt, sind – unter den maschinellen Therapien – die Laser- und die Stoßwellentherapie die effektivsten. Was die Verschreibung von Arzneimitteln anbelangt, gibt es große Meinungsverschiedenheiten. Jeder einzelne Fall muss mit einem kompetenten Facharzt besprochen werden.
Wie lange dauert der Genesungsprozess?
Wie bei allen Pathologien, variiert die Genesungszeit von Patient zu Patient. Die Einschätzung muss dementsprechend auf messbare Kriterien, wie z.B. Muskelkraft, und nicht auf Zeit beruhen. Wenn man eine allgemeine Schlussfolgerung ziehen will, dann ist meistens von einer 12-wöchigen Reha die Rede.